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Monat: Mai 2020

Grundstückeigentümer muss bei Bombenentschärfung Evakuierungskosten zahlen

In einem aufsehenerregenden Urteil hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg, in dessen Bezirk auch das Verwaltungsgericht Stade fällt, entschieden, dass die Heranziehung eines Grundstückseigentümers für die im Zusammenhang mit der Entschärfung einer Weltkriegsbombe erforderliche Evakuierung rechtmäßig ist (Urteil vom 28.11.2019 – Az. 11 LC 606/18).

Der Grundstückseigentümer baute in den Jahren 2014 und 2015 ein Einkaufzentrum mit angeschlossenem Parkhaus auf seinem Grundstück. In der Baugenehmigung wurde er unter anderem zur Durchführung einer Kampfmittelsuche verpflichtet, die jedoch ergebnislos verlief. Erst im Zusammenhang mit späteren Tiefbauarbeiten stieß ein Baggerfahrer dann auf eine 500kg-Weltkriegsbombe, die nach Kontakt mit der Baggerschaufel aus Sicherheitsgründen innerhalb eines Tages entschärft werden musste.

Die durch die erforderliche Evakuierung der umliegenden Bevölkerung entstandenen Kosten in Höhe von knapp EUR 25.000 wurden daraufhin dem Grundstückeigentümer auferlegt, der dagegen vor dem Verwaltungsgericht klagte. Er berief sich dabei vor allem auf eine in Niedersachsen geltende Verwaltungsvorschrift, wonach Grundstückeigentümer für die Bergung, die Entschärfung oder Sprengung, den Transport und die Vernichtung eines Kampfmittels gerade keine Kosten tragen müssen. Das OVG folgte dieser Argumentation im Hinblick auf die Evakuierungskosten jedoch nicht: Diese seien vom Wortlaut der Verwaltungsvorschrift nicht erfasst und könnten dem Grundstückeigentümer daher nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen auferlegt werden.

Das OVG prüfte dabei auch, ob die vom Bundesverfassungsgericht gezogenen „Grenzen der Zumutbarkeit“ bei Kostenerstattungsansprüchen der Verwaltung hier erreicht sind, konnte dafür aber keine Anhaltspunkte erkennen.

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Arztbewertungsportal muss neutraler Informationsmittler sein

Ein Internetportal zur Bewertung von Ärzten (wie z.B. jameda) darf zahlenden Premiummitgliedern grundsätzlich keine verdeckten Vorteile gegenüber nicht zahlenden Basismitgliedern gewähren. Dies entschied das Landgericht München I in zwei Fällen, die noch keine Rechtskraft erlangt haben (Urteile vom 06.12.2019 – 25 O 13978/18 und 25 O 13979/18). Es hatten mehrere Ärzte gegen die Portalbetreiberin auf Löschung ihrer Profile geklagt, die ohne deren Einwilligung angelegt wurden. Bei Aufruf dieser Profile erschienen Verlinkungen zu Beiträgen sogenannter „Expertenratgeber“, die von zahlenden Premiummitgliedern veröffentlicht wurden. Auf den Profilen der zahlenden Mitglieder wurden hingegen keine Fremdbeiträge verlinkt. Nach Auffassung der Richter entstehe dadurch der Eindruck gesteigerter Kompetenz der Premiummitglieder gegenüber den Basismitgliedern, wodrin das Gericht einen „verdeckten Vorteil“ für die zahlenden Mitglieder sah. Es finde folglich keine neutrale Informationsvermittlung statt.

Streitig war vor allem die Frage nach der konkreten Ausgestaltung eines solchen Portals. Denn das Gericht hielt das Ärztebewertungsportal für grundsätzlich sinnvoll und sprach Ärztebewertungsportalen eine wichtige gesellschaftliche Funktion zu. Dies könne aber nur gelten, solange eine neutrale Informationswiedergabe erfolge. In diesem Zusammenhang billigte das Gericht ausdrücklich Funktionen, mit denen zahlende Premiumkunden gegenüber Basismitgliedern mehr Informationen über ihre ärztlichen Leistungen veröffentlichen können.

Der zivilrechtliche Löschungsanspruch wurde den klagenden Ärzten unter Heranziehung der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zugesprochen. Es handele sich bei dem Betrieb eines Bewertungsportals im Falle einer Privilegierung einzelner (zahlender) Mitglieder nicht um datenschutzrechtlich privilegierte journalistische Zwecke im Sinne der DSGVO.

Aus den Entscheidungen folgt, was wenig überrascht, dass Ärzte umgekehrt die Anlegung eines Profils in neutralen Ärztebewertungsportalen auch ohne ihre Einwilligung hinnehmen müssen. Der Bundesgerichtshof hatte sich bereits im Jahr 2009 in Bezug auf ein Lehrerbewertungsportal dahingehend positioniert, dass ein aus öffentlich verfügbaren Daten zusammengestelltes Profil eines Lehrers, welches ausschließlich die berufliche Tätigkeit des Lehrers betrifft, nicht das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletze und hinzunehmen sei (BGH, Urteil v. 23.06.2009 – VI ZR 196/08).

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