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Zur (un)zulässigen Verdachtsberichterstattung

Wird in Medien über Ermittlungsverfahren und Strafprozesse berichtet, gelten strenge Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Verdachtsberichterstattung. Die Medienberichte bewegen sich im Spannungsfeld zwischen dem Schutz der Persönlichkeitsrechte der betroffenen Person – insbesondere dem Schutz vor einer medialen Vorverurteilung – einerseits und einem öffentlichen Informationsinteresse der Bevölkerung an Ermittlungs- und Strafverfahren andererseits.

Unter welchen Voraussetzungen ist Verdachtsberichterstattung zulässig?

Unter welchen Umständen eine Verdachtsberichterstattung, die naturgemäß die Verbreitung nicht erwiesener Tatsachen zum Gegenstand hat, zulässig ist, beschäftigt seit jeher die deutschen Gerichte. Dabei wurden in höchstrichterlicher Rechtsprechung die folgenden Zulässigkeitskriterien herausgebildet: Es muss ein sogenannter Mindestbestand an Beweistatsachen vorliegen, aus dem der Verdacht hervorgeht. Der Betroffene darf durch die Berichterstattung nicht vorverurteilt werden, die Darstellung muss also als Verdacht und ergebnisoffen erfolgen. Darüber hinaus muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, so dass ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit besteht. Der betroffenen Person ist immer zwingend eine Gelegenheit zur Stellungnahme zu bieten.

Dass diese im Grundsatz geltenden Kriterien in der Praxis regelmäßig zu juristischen Auseinandersetzungen führen, erklärt sich fast schon von selbst. Denn über die genauen Anforderungen an jedes Kriterium lässt sich im Einzelfall trefflich streiten. Es stellt sich dabei immer die Rechtsfrage, ob eine Verdachtsberichterstattung in den Täter identifizierender Weise rechtmäßig ist oder eine anonymisierte Darstellung erforderlich und zur Befriedigung des öffentlichen Informationsinteresses ausreichend gewesen wäre.

Aktuelle Entwicklungen

Aktuell hatte sich das Landgericht Köln mit der Frage nach der Zulässigkeit einer Verdachtsberichterstattung zu beschäftigen (Landgericht Köln, Beschluss vom 18.09.2019 – 29 O 344/19). Mit der Entscheidung wurde dem Verlag einer Boulevard-Zeitung untersagt, über das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren gegen einen bekannten Fußballspieler wegen des Verdachts, kinderpornografische Inhalte verbreitet zu haben, zu berichten. Nach Auffassung des Gerichts habe die Bildberichterstattung nach ihrem Gesamteindruck den Betroffenen in unzulässiger Weise vorverurteilt. Überdies habe es an einem Mindestbestand an Beweistatsachen gefehlt, der für eine Richtigkeit des Verdachts hätte sprechen können.

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte beraten Sie gern in Fragen des Medien-und Presserechts.

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